Die 4 Geburtsphasen: Ein Leitfaden für den natürlichen Geburtsweg

Die Eröffnungsphase – Dein Körper macht sich bereit


Die Latenzphase ist vorbei, die ersten Wehen, oder auch Kontraktionen, haben eingesetzt und die Fruchtblase ist geplatzt. Nun beginnt die Eröffnungsphase. Die Eröffnungsphase ist der Auftakt zum Wunder der Geburt, eine Zeit, in der sich der Körper der Frau intensiv auf das bevorstehende Ereignis vorbereitet. Während dieser initialen Phase finden tiefgreifende physiologische Veränderungen statt, die den Weg für das neue Leben ebnen. Die Gebärmutter und der Gebärmutterhals gehen eine Symbiose ein, um den optimalen Pfad für das Baby zu schaffen. Der Gebärmutterhals verkürzt sich nach und nach, bis er vollständig "verstrichen" ist. Bei diesem Vorgang öffnet sich der Muttermund nach und nach bis zu 10 cm.

Die Komplexität dieser Phase lässt sich in zwei Schlüsselabschnitte unterteilen: die frühe Eröffnungsphase, auch Latenzphase genannt, und die späte oder aktive Eröffnungsphase. Während der Latenzphase, die bis zu einer Muttermundöffnung von 4 bis 6 cm dauert, beginnt der Körper, sich auf die aktive Arbeit vorzubereiten. Anschließend tritt die Frau in die aktive Phase ein, in der der Muttermund sich typischerweise vollständig öffnet. Dies ist ein Zeichen dafür, dass der Körper der werdenden Mutter bereit ist, in die nächste Pressphase überzugehen.

Interessanterweise verdickt sich die Muskulatur der Gebärmutter im oberen Bereich und wird Richtung Vagina dünner, wodurch sie die Form eines Trichters annimmt. Diese anatomische Veränderung ermöglicht es der Gebärmutter, den notwendigen Druck aufzubauen, der für die Austreibungsphase des Babys erforderlich ist.

Die Erfahrung der Schmerzen in dieser Phase kann stark variieren. Einige Frauen berichten von einem starken Ziehen im unteren Rücken, andere erleben Bauchkrämpfe, und wieder andere fühlen beides gleichzeitig. Die Intensität des Schmerzes hängt stark vom individuellen Schmerzempfinden der Frau ab.

Der Unterschied zwischen den Frauen, die schon mehrfach Mutter sind und den Frauen, die zum ersten Mal gebären, sorgt dafür, dass die Dauer der Eröffnungsphase oft höchst individuell ist. Während Frauen, die bereits Kinder geboren haben, diese Phase innerhalb weniger Stunden durchlaufen können, ist es bei Erstgebärenden nicht ungewöhnlich, dass sie deutlich länger andauert. Zeitspannen von 8 bis 14 Stunden sind keine Seltenheit, aber auch kürzere oder längere Dauern kommen vor. Jede Geburt verläuft einzigartig und folgt ihrem eigenen natürlichen Rhythmus.

Diese erste Phase entscheidet, wie die Geburt abläuft. Sie ist ein eindrucksvolles Zeugnis der Kraft und Anpassungsfähigkeit des weiblichen Körpers und legt den Grundstein für das Wunder, das folgen wird – die bevorstehende Geburt des Kindes.

Unser Tipp, damit es zügiger vorangeht

Geh spazieren, putz die Wohnung, steig Treppen oder nimm ein warmes Bad. Bewegung und warmes Wasser helfen dem Körper dabei, dass die Wehen so richtig in Gang kommen. Gleichzeitig sorgen sie für die nötige Entspannung.
Sollte es zum Geburtstermin oder ab SSW 37 + 0 zu einem Blasensprung kommen und der Kopf deines Babys fest im Becken sitzen, spricht ebenfalls nichts dagegen. Bist du dir unsicher, frage deine Hebamme oder im Kreißsaal nach.
 

Die Übergangsphase – Der anspruchsvollste Abschnitt

Am Ende der Eröffnungsphase beginnt die Übergangsphase. Sie ist technisch gesehen Teil der Eröffnungsphase ist und kennzeichnet die Zeit, in der der Muttermund die letzten 2 Zentimeter bis zur vollständigen Eröffnung durchläuft. Es ist eine Phase, die von Fachleuten unterschiedlich gehandhabt wird, aber aufgrund ihrer Intensität und spezifischen Herausforderungen besondere Beachtung verdient.

In dieser Phase positioniert sich das Baby endgültig für die Geburt. Diese endgültige Positionierung ist oft durch das Einrasten des Köpfchens in den Geburtskanal gekennzeichnet, es sei denn, das Baby entscheidet sich für eine Steißgeburt. Viele Frauen empfinden die Übergangsphase als besonders herausfordernd, da die Wehen eine Intensität erreichen, die schwer zu bewältigen ist, und kaum Erholung zwischen ihnen möglich ist. Erschöpfung, Zittern oder Übelkeit können in dieser Zeit auftreten.

Aufgrund der starken Schmerzen wird häufig eine Periduralanästhesie (PDA) in Betracht gezogen, um den Frauen eine kurze Verschnaufpause zu ermöglichen, besonders wenn der Muttermund sich nicht weiter öffnet oder die Eröffnungsphase sich in die Länge zieht. Dies ist der Moment, in dem Zweifel aufkommen können und Gedanken an einen Kaiserschnitt aufkommen. Doch sobald die Presswehen einsetzen, ändert sich der Fokus und der natürliche Wunsch, das Kind auf natürlichem Wege zur Welt zu bringen, nimmt überhand.

Die Eröffnungsphase und die Übergangsphase zusammen stellen einen komplexen, aber entscheidenden Teil des Geburtsprozesses dar. Sie erfordern eine tiefe innere Stärke, bieten aber auch die Möglichkeit, die immense Kraft zu entdecken, die Frauen in sich tragen, um das Wunder der Geburt zu erleben.

Unser Tipp gegen das Aufgeben
Es ist ganz normal, dass du in dieser Phase an dir und deiner Kraft zweifelst. Manchmal helfen jetzt ein Stellungswechsel oder Entspannungsmaßnahmen, um die Schmerzen etwas einzudämmen. Erinnere dich an die Tipps deiner Hebamme aus dem Geburtsvorbereitungskurs für eine entspannte Geburt. Halt durch, du schaffst das!

Die Austrittsphase – Gleich hast du dein Baby im Arm

Die Austrittsphase, auch bekannt als Austreibungsphase, markiert einen entscheidenden Höhepunkt im Geburtsprozess. Nachdem der Muttermund vollständig geöffnet ist, beginnt eine intensive Zeit in der das Baby Stück für Stück seinen Weg durch das Becken bahnt. Dies ist der Moment, in dem du wahrscheinlich den überwältigenden Drang verspürst, aktiv mitzupressen – ein Instinkt, dem du folgen solltest. Unterstützt durch die Kraft deiner Bauchmuskeln, effektive Atemtechniken und vielleicht sogar ein paar kräftige Schreie, kannst du dein Baby entscheidend auf seinem Weg nach draußen unterstützen. 

Die Presswehen sind die intensivsten Wehen des gesamten Geburtsverlaufs. Sie sind kraftvoll und können schmerzhaft sein, doch die Natur hat vorgesorgt: Eine Flut von unterstützenden Hormonen sorgt dafür, dass du diese Herausforderung meistern kannst. Dein Fokus liegt klar auf dem Ziel – dein Baby endlich auf deiner Brust zu spüren. Im Gegensatz zur Übergangsphase gibt es zwischen den Presswehen kurze Pausen, die dir die Möglichkeit geben, durchzuatmen. Viele Mütter berichten, dass nach der Geburt die Strapazen der letzten Stunden schnell verblassen.

Bei Erstgebärenden dauert die Austreibungsphase etwa 1-2 Stunden, während mehrfache Mütter unter Umständen nur ein paar Presswehen benötigen, bis das Baby geboren ist. Ein interessanter Aspekt ist, dass eine gesunde Gebärmutter das Kind tatsächlich selbstständig durch den Geburtskanal pressen kann. Dies bedeutet, dass das aktive Mitpressen nicht unbedingt notwendig ist, insbesondere wenn du es schaffst, ohne Angst und möglichst entspannt zu bleiben. Die richtige Atemtechnik kann hierbei eine entscheidende Rolle spielen und lässt sich beispielsweise in Hypnobirthing-Kursen erlernen. Solche Techniken können nicht nur die Effizienz des Pressvorgangs verbessern, sondern auch das Wohlbefinden während der Geburt signifikant steigern.

Die Austrittsphase ist ein kraftvoller Abschnitt des Geburtsprozesses, der nicht nur physische Stärke, sondern auch emotionale Tiefe und Verbindung zwischen Mutter und Kind fördert. Sie bildet den abschließenden Schritt auf der Reise zur Elternschaft, ein Moment von unvergleichlicher Intensität und Freude, wenn du dein Baby zum ersten Mal in die Arme schließen kannst.

Unsere Tipps für die Presswehen
Hör auf deine Hebamme und presse nicht einfach drauflos. Denn dann bleibt genug Zeit für ihre Dammschutz-Maßnahmen. Versuche, das Köpfchen deines Kindes mit der Hand zu erfühlen. Das wird dir zusätzlich Kraft geben!

Die nachgeburtliche Phase – Ein letzter Schritt

Die Reise der natürlichen Geburt erreicht ihren Abschluss nicht allein mit der Ankunft des Babys, sondern erst mit dem Durchlaufen der nachgeburtlichen Phase. In dieser wichtigen Phase nach der Entbindung sorgen kräftige Nachgeburtswehen dafür, dass sich die Gebärmutter zusammenzieht, was ein wesentlicher Prozess ist, um die Plazenta von der Gebärmutterwand zu lösen.

Die Plazenta, die das Baby während der Schwangerschaft ernährt und mit Sauerstoff versorgt hat, muss den Körper verlassen. Dies geschieht durch Becken und Vagina, begleitet von einem kleinen Schwall Blut. Auch in dieser Phase kannst du durch gezieltes Pressen unterstützend wirken. Die Geburt gilt erst dann als vollständig abgeschlossen, wenn Plazenta und Eihäute vollständig ausgestoßen sind.

Während du dein neugeborenes Baby direkt nach der Geburt auf der Brust hältst und die ersten Momente des neuen Lebens genießt, können die Nachgeburtswehen als weniger intensiv empfunden werden. Zwar sind sie spürbar und können Schmerzen verursachen, stehen aber in ihrer Intensität den Presswehen der Austrittsphase nach. Die unmittelbare Bindung und die überwältigenden Emotionen beim ersten Hautkontakt mit dem Baby helfen vielen Müttern, diese letzte Phase der Geburt als weniger beschwerlich zu empfinden.

Die nachgeburtliche Phase ist ein natürlicher und notwendiger Abschnitt im Geburtsprozess, der die körperliche Erholung einleitet und den Grundstein für die Regeneration und Rückbildung der Gebärmutter legt. Trotz der potenziellen Schmerzen ist es ein Moment tiefen Triumphs und der Vollendung, der den Beginn einer neuen Lebensphase markiert – das Leben als Mutter mit dem Neugeborenen an deiner Seite.

Diese letzte Etappe der Geburt unterstreicht die Stärke und die Fähigkeit des weiblichen Körpers, nicht nur ein neues Leben zu schaffen, sondern auch durch einen komplexen, transformierenden Prozess zu führen. Die nachgeburtliche Phase schließt das Kapitel der Geburt ab und öffnet die Tür zu einer neuen Welt der Fürsorge, Liebe und unendlichen Bindung zwischen Mutter und Kind.

Unser Tipp für eine schnelle Nachgeburtsphase
Stillen löst die Plazenta schneller und vermindert die Blutung. Dafür sorgt das Still- und Kuschelhormon Oxytocin.