Kann man Babys verwöhnen?
Es ist erstaunlich, wie oft wir von Eltern die Frage hören, ob man Babys zu sehr verwöhnen kann. Die kurze Antwort lautet: Nein.
Die lange Antwort findet ihr in diesem Artikel.
Babys verwöhnen – ein Tabu in der Erziehung?
Falls ihr als Eltern auch immer mal wieder die Sorge habt, dass ihr euer Baby womöglich verwöhnen könntet: Lasst euch nicht verunsichern! Im Gegensatz zu früher vertritt die Wissenschaft heute die Theorie, dass man Babys schlichtweg nicht verwöhnen kann. Um jedoch die Gründe dafür zu verstehen, gilt es zunächst, den Begriff „verwöhnen“ zu klären.
Verwöhnen oder verhätscheln?
Wer von verwöhnen spricht, meint häufig „verhätscheln“. Denn „verwöhnen“ ist grundsätzlich kein negativer Begriff.
Im Zusammenhang mit der Fürsorge für den Nachwuchs bedeutet diese Lesart des Verwöhnens, dem Kind mehr zu geben als es braucht. Und vor allem: Dinge für das Kind zu tun, zu denen es schon lange selber in der Lage ist. Genau an dieser Stelle wird klar, dass man ein ganz kleines Baby tatsächlich noch nicht verwöhnen kann. Man kann ihm niemals mehr Liebe geben als es braucht. Und auch nicht mehr Körperkontakt. Babys brauchen davon nämlich unendlich viel. Und viele Dinge, die wir ihm abnehmen könnten, obwohl es sie eigentlich schon alleine bewerkstelligen kann, gibt es auch noch nicht.
Omas Erziehung – der Schatten der Johanna Haarer
Meistens kommt die Kritik, dass junge Eltern ihre Kinder zu sehr verwöhnen, aus der älteren Generation: „Du verwöhnst Dein Baby, wenn es die ganze Zeit herumgetragen wird, oder wenn du bei jedem Mucks sofort angerannt kommst.“ Dass das gerade junge und frischgebackene Eltern ziemlich verunsichern kann, ist einleuchtend. Aber woher kommt eigentlich diese ständige Sorge, dass ihr euer Kind verwöhnen könntet?
Generation (Ur-) Großeltern
Als unsere Großeltern Eltern waren, herrschten ganz andere Zeiten. Die höchste Priorität bestand darin, kerngesunde und leistungsfähige, starke Kinder großzuziehen. Im Dritten Reich sollten Kinder abgehärtet und auf das spätere Leben vorbereitet werden. Wer zu viele Gefühle zeigte (so die weitläufige Meinung), war verweichlicht und verhätschelt. Sowohl Jungs als auch Mädchen sollten nicht weinen und keine Angst zeigen, sondern immer stark sein. Das Ziel der damaligen Ideologie bestand bekanntermaßen nicht darin, freie, selbstbewusste und unabhängige Persönlichkeiten heranzuziehen, sondern physisch robuste und mental gehorsame Untertanen abzurichten. Eine Auflösung der einzelnen Person zugunsten des „Volkskörpers“. Darum wurde bei der „Erziehung“ auch keine Zeit verloren – sie begann direkt nach der Geburt.
Erziehungsbücher aus der damaligen Zeit
Nachlesen kann man das in diversen Erziehungsratgebern von damals. Der populärste war „Die Deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ von der Ärztin Johanna Haarer, und die Lehren ihres Buches hallten noch bis in die 80er Jahre nach. So hieß es zum Beispiel, dass das Kind in den ersten 24 Stunden nach der Geburt möglichst alleine und getrennt von der Mutter in einen separaten, geschlossenen Raum gelegt werden muss. Wenn es weinte, sollte es keinesfalls gewiegt, herausgenommen oder gar umhergetragen werden. Ansonsten, so vermutete man, würde man einen kleinen Tyrannen aus dem Kind machen. Erst zur nächsten Mahlzeit holte man das Baby wieder heraus. Das Gleiche galt in der Nacht. Das Kind sollte getrennt von den Eltern schlafen und wenn es schrie, sollten die Eltern sich nicht darum kümmern. Schließlich sollte erreicht werden, dass das Kind so schnell wie möglich durchschläft. Dahinter steckte der Gedanke, dass das Baby schon merken wird, wenn keiner kommt, und sein Geschrei irgendwann einstellt. Heutzutage gilt ein solches Vorgehen zu Recht als barbarisch.
Unsere Großeltern wussten es jedoch einfach nicht besser. Auch sie wollten letztendlich für ihren Nachwuchs nur das Beste. Damals glaubten die Mütter, dass diese Form der Behandlung dem Stand der modernen Forschung entspräche. Und für das Regime war es wichtig, dass die nächste Generation „funktionierte“ und nicht mit zu viel Liebe überhäuft wurde. Deswegen waren solche Ratgeber den Herrschenden zu Propagandazwecken höchst willkommen. Und weil es keine Möglichkeiten gab, sich abweichende Informationen zu besorgen, waren die Eltern dieser Zeit im Grunde hilflos einer Form der Gehirnwäsche ausgesetzt. Sogar sonstige Ansprechpartner wie Hebammen oder Kinderärzte machten mit – sei es bewusst, um sich angesichts der politischen Lage Vorteile zu verschaffen, oder unbewusst, weil sie selbst diesen Lehren glaubten.
Dieser schockierend schlichte Mechanismus funktionierte so gut, dass die Folgen bis heute nachwirken. Immerhin wurden diese Ratgeber bis weit über das Ende der Naziherrschaft hinaus als maßgeblich angesehen und konnten über Jahrzehnte ihre Wirkung in den Köpfen vieler Eltern entfalten. So ist es für manche Angehörige der Großelterngeneration nur schwer erträglich, dass all ihre Überzeugungen zur Kindeserziehung falsch sein sollen. Zumal es das Eingeständnis bedeuten würde, dass man die eigenen Kinder im Grunde schwer misshandelt hat.
Scheinargumente entkräften
Dies mag auch der Grund sein, warum einige Vertreter der älteren Generation in Teilen starrsinnig an ihren Überzeugungen festhalten und sie mit Zähnen und Klauen verteidigen. Da wird argumentiert, dass wir unsere Kinder „verhätscheln“ würden und die rüdere Umgangsform der vorigen Generation hätten die Kinder schließlich auch überlebt. Außerdem liefere die Wissenschaft ohnehin alle paar Jahre wieder neue Erkenntnisse und in ein paar Jahren hieße es dann wieder, dass man das Kind eben doch besser schreien lassen solle.
Das „Argument“, dass die betroffenen Kinder diese seelische Folter überlebt hätten, ist in etwa genauso zynisch, als würde ein Attentäter vor Gericht behaupten, dass das Opfer sich mal nicht so anstellen solle, immerhin habe es überlebt. Zumal es Indizien gibt, dass eine nicht unerhebliche Anzahl dieses Erziehungsideal eben gerade nicht überlebte. Laut Statistik haben zur damaligen Zeit deutlich weniger Kinder das Kleinkindalter überlebt als heute. Das heißt, dass die Todesrate bei kleinen Kindern seitdem stark gesunken ist. Das wird zum großen Teil auf den medizinischen Fortschritt zurückzuführen sein, allerdings auch auf neuere Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie und der Bindungsforschung. Zudem werden bei einer solchen Argumentation jegliche psychischen Folgen ausgeblendet. Wie hoch mag die Dunkelziffer jener sein, die in den 40er, 50er und 60er Jahren aufgrund liebloser Behandlung schwer traumatisiert wurden und sich seitdem mit Folgen wie eigener Bindungsunfähigkeit und Lieblosigkeit herumschlagen – und das Trauma gleich an die nächste Generation weiterreichen?
Das Argument mit dem ständigen Wandel der Wissenschaft ist dagegen schwerer zu entkräften. Es stimmt: Die Ansichten und Erkenntnisse der Wissenschaft wandeln sich im Laufe der Zeit. Wenn sie der aufrichtigen Wahrheitssuche dient, lebt sie nun einmal vom Diskurs, vom Wettbewerb der Argumente und der Belege. Allerdings war die Wissenschaft im Dritten Reich nicht frei, sondern hatte der Ideologie zu dienen. Abweichende Erkenntnisse wurden nicht gehört oder – im besten Fall – diskreditiert.
Zweifellos ist man auch heute gut beraten, nicht allen aktuellen Erkenntnissen der Wissenschaft blind zu vertrauen, auch wenn sie uns als Laien häufig die einzige Orientierungsmöglichkeit zu bieten scheint. Da bleibt nur, sich selbst so gut es geht auf den Weg zu machen, sich einzulesen, Argumente zu vergleichen und zu eigenen Schlüssen zu kommen. Bei der Frage, ob es für ein Neugeborenes besser ist, wenn sich die Eltern um seine Bedürfnisse kümmern und es mit allem versorgen, was es braucht, oder wenn sie es sich selbst überlassen, damit es sich alleine und ignoriert die Seele aus dem Leib schreien kann, liegt die Antwort auf der Hand.
Der natürliche Instinkt der Mutter: zum Baby gehen und es hochnehmen
Auch damals dürfte es Müttern schwergefallen sein, ihrem eigenen Drang zu widerstehen und nicht zum weinenden Kind zu laufen. Mütter haben einen natürlichen Instinkt, auf das Schreien ihres Babys zu reagieren, indem sie hingehen und es hochnehmen.
Dies basiert auf einer sehr ursprünglichen Form der Kommunikation zwischen Mutter und Kind. Das Kind weint, um Kontakt herzustellen, daher nennt man es auch „Kontaktweinen“. Der Instinkt des Kindes und der Instinkt der Mutter greifen also perfekt ineinander, um die Versorgung des hilflosen Bündels sicherzustellen. Wenn das Baby weggelegt wird, versteht es noch nicht, dass seine Eltern ganz in der Nähe sind. Zu Urzeiten bedeutete Verlassenwerden Lebensgefahr für das Kind, weil es allen Gefahren, die da lauerten, schutzlos ausgeliefert war. Sein Schreien war sein überlebenswichtiges Kommunikationsmittel. Das ist auch der Grund dafür, dass Menschenbabys von Natur aus mit einer kräftigen Stimme ausgestattet wurden.
Bedürfnisbefriedigung
Wenn ein Baby schreit, kommuniziert es also ein Bedürfnis. Und gerade in den ersten Lebenswochen brauchen Babys neben Nahrung vor allem Nähe und Liebe, und das am besten unbegrenzt und im Übermaß.
Ein Erfüllen von Grundbedürfnissen hat jedoch nichts mit Verwöhnen zu tun, sondern mit Fürsorge.
Dazu kommt, dass das Kind nach einer langen Zeit, in der es in gewisser Weise eins mit der Mutter war, nun plötzlich getrennt ist. Das kann eine traumatische Erfahrung sein, die sich durch viel Nähe und Liebe abmildern lässt. Je mehr das Kind die Nähe, die Wärme, den Geruch und den Herzschlag der Mutter wahrnehmen kann, desto besser kommt es durch die ersten Wochen.
Aber die Vorteile gehen noch weit über die unmittelbare Bedürfnisbefriedigung hinaus!
Wenn ihr zuverlässig auf die Hilferufe eures Babys reagiert, entwickelt das Kind ein Urvertrauen in euch, weil es weiß, dass es sich auf euch verlassen kann, dass es wichtig ist und dass es geliebt wird. Dies sind schon wichtige Stützpfeiler für ein gesundes Selbstvertrauen in seinem späteren Leben. Zudem erlebt es seine Welt als positiv, freundlich und zugewandt, was das Kind später zu einem positiven, freundlichen und zugewandten Menschen werden lassen kann. Und darüber hinaus legt es im Unbewussten die Grundlagen für das Gefühl von Selbstwirksamkeit an. Es lernt, dass seine Handlungen eine Situation zum Positiven verbessern können. So startet es stark, voller Zuversicht und Selbstvertrauen in sein Leben.
Hier kann unsere swing2sleep Federwiege übrigens eine unschätzbare Hilfe sein, weil sie einspringt, wenn ihr eine Pause braucht. Mit ihrem ruckelfreien Motor schaukelt sie euren kleinen Sonnenschein in unermüdlichen beruhigenden Auf- und Abbewegungen, die das Kind noch aus dem Mutterleib gewohnt ist. Auch die kuschelige Enge fühlt sich für das Kind an wie in Mamas Bauch. Wenn die Eltern tagsüber mal eine Hand frei haben müssen oder abends als Einschlafhilfe entlastet die swing2sleep Kind und Eltern und sorgt für noch mehr kostbare Verwöhnmomente.
Wenn Verwöhnen zu Verhätscheln wird
In den ersten paar Lebenswochen gilt es, alle Bedürfnisse des Kindes vollständig und bedingungslos zu erfüllen. In dem Alter besitzt es auch noch kein Bewusstsein von Ursache und Wirkung, das heißt, es tut nichts, um gezielt und bewusst etwas zu erreichen. Dazu bedarf es eines weit höheren Entwicklungsstands, doch der ist irgendwann erreicht. Ab dem Zeitpunkt wird das Kind anfangen, Grenzen auszutesten und euch zu manipulieren. Das klingt boshafter als es ist. Tatsächlich gehört es zum natürlichen Prozess der Selbsterfahrung, der Abgrenzung und der Ich-Werdung.
Jetzt wäre eigentlich die Stunde derjenigen gekommen, die ihr Kind unter keinen Umständen verwöhnen wollen, denn zur Definition des eigenen Selbst, des eigenen und des anderen, des Unterschieds zwischen dein und mein müssen Grenzen gesetzt werden. Ab diesem Zeitpunkt gilt es auch, dem Kind immer mehr zuzutrauen und ihm nichts abzunehmen, was es selbst erledigen könnte.
Interessanterweise gelingt es den Kleinen allzu oft, gerade solche Eltern um ihren kleinen Finger zu wickeln. Da besteht dann tatsächlich akute Verhätschelungsgefahr. Und dann müssen Eltern auch mal konsequent Nein sagen.
Wann dieser Zeitpunkt jedoch eintritt, ist schwer zu beantworten. Normalerweise ist es etwa mit einem Jahr so weit, dass das Baby auch mal verschmerzen kann, wenn seine Bedürfnisse nicht sofort und unmittelbar befriedigt werden: Psychologen allerdings sind der Meinung, dass man ein Baby in den ersten zwei Lebensjahren noch nicht verwöhnen kann.
Spätestens im Kindergarten ist es aber dann ganz sicher so weit. Und gerade dann neigen viele Eltern dazu, den Kindern Dinge wie das Tragen der Tasche, das Anziehen der Jacke oder das Zubinden der Schuhe abzunehmen, die sie genauso gut selber bewerkstelligen könnten – und auch sollten. Ansonsten bauen sie möglicherweise kein Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten auf, werden unselbstständig und verlassen sich darauf, dass andere schon alles für sie erledigen werden – sie werden verwöhnt.
Verwöhnen aus lauter Bequemlichkeit
Doch wie kann es sein, dass so viele Eltern dann doch schwach werden? Eine mögliche Erklärung könnte darin liegen, dass es häufig einfach der Weg des geringsten Widerstandes ist. So süß sie auch sind, aber Kinder sind anstrengend, und auch Eltern sind nur Menschen. Im hektischen Berufs- und Familienalltag fehlt dann manchmal schlicht die Kraft, sich auch noch einer nervenaufreibenden Auseinandersetzung mit dem nörgelnden und quengelnden trotzigen Nachwuchs zu stellen und ein Nein konsequent durchzuziehen.
Ein weiterer möglicher Grund ist das schlechte Gewissen. Die Zeit ist knapp, und viele Eltern haben das Gefühl, dem Kind nicht ausreichend Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen. Doch solche falsch verstandene Milde ist ein Bärendienst am Kind, insbesondere wenn sie eine Entschädigung für Vernachlässigung sein soll.
Auch die Nachwirkungen der Antiautoritäten Erziehung kommen als Grund infrage. Als Reaktion auf die übermäßig strengen Erziehungsideale der Kriegs- und Nachkriegsjahre schwang das Pendel in die andere Richtung, und die Kinder sollten quasi selbstbestimmt ihren eigenen Weg und ihre eigene Persönlichkeit finden. Nach dieser Philosophie wollten Eltern lieber die Freunde ihrer Kinder sein als Autoritätspersonen. Allerdings wird den Kindern auf diese Art die Chance genommen, sich an euch zu orientieren.
Gerade in der Kindererziehung ist der Weg des geringsten Widerstands in den allermeisten Fällen ein Holzweg. Wenn das Kind lernt, dass es seinen Willen bekommt, wenn es nur lang genug mault, quengelt oder notfalls eine Riesenszene macht, wird das Verhältnis von Eltern und Kindern auf den Kopf gestellt. Experten sind sich einig: Kinder müssen lernen, auch mal zu verzichten. Und sie müssen lernen, Niederlagen einzustecken und Durchhaltevermögen zu entwickeln. Wer immer bekommt, was er will, kann das nicht.
Fazit
Es ist den ersten Lebensmonaten schlicht nicht möglich, euer Kind zu verwöhnen. In dieser Zeit geht es um reine Bedürfnisbefriedigung, die auch absolut erforderlich ist. Ihr dürft und sollt eurem Baby uneingeschränkte Liebe und Aufmerksamkeit geben. Dies führt dazu, dass Baby eine wichtige Ur-Erfahrung macht: „Wenn ich ein Wehweh oder Kummer habe, kümmert sich jemand um mich! Ich bin nicht alleine.“
Diese Erkenntnis führt zu Vertrauen zu euch Eltern und letztendlich auch zu Selbstvertrauen. Nur auf diese Weise kann euer Nachwuchs zu einem offenen, freundlichen Menschen heranwachsen und Vertrauen in seine Umgebung und in seine Eltern aufbauen.
Ihr könnt also aufatmen: Wenn ihr euer Baby herumtragt und auf sein Schreien prompt reagiert, macht ihr alles genau richtig. So wie ihr euer Kind mit Nahrung versorgt, nährt ihr seine Seele mit Liebe und Zuneigung. Und genau wie bei der Nahrung hätte ein Entzug gravierende Folgen.
Wenn euch dieser Beitrag gefallen hat, teilt ihn gern mit euren Kontakten!
Viel Spaß beim Verwöhnen wünscht euch das Team von swing2sleep!