Vater und Baby: Plötzlich Papa
Endlich ist es so weit! Neun Monate hast du dich auf euer Kind gefreut und bei der Geburt mit deiner Partnerin gehofft, gebangt und gelitten. Tagelang konntest du dein Glück kaum fassen. Und jetzt geht es für die junge Familie endlich nach Hause. Doch plötzlich beschleicht dich Unsicherheit. Jetzt wird es ernst. Ab jetzt seid ihr auf euch alleine gestellt. Und nichts ist mehr wie vorher. Die ersten Monate mit dem neugeborenen Baby können euch ziemlich an eure körperlichen und seelischen Grenzen bringen. Da ist es gut zu wissen, was euch und insbesondere dich – als frischgebackenen Vater – erwartet.
Mutter und Vater und Baby – Mehr als die Summe aller Teile
Vor lauter Vorfreude unterschätzen werdende Eltern häufig die Dynamik, die dem Übergang vom Paar zur Familie innewohnt. Auch an die stark veränderten Tages- und Nachtabläufe müssen sie sich erst einmal gewöhnen. Und das kann durchaus anstrengend werden.
Es ist völlig normal, dass sich die Verantwortung für den kleinen Menschen zunächst wie eine riesige Bürde anfühlt. Plötzlich bist du nicht nur für dich alleine, sondern für eine kleine Familie verantwortlich. In den Monaten der Schwangerschaft war das Elternsein für euch graue Theorie. Es gab zwar viele Gespräche mit Ärzten, Hebammen, euren eigenen und befreundeten Eltern, und ihr habt Kurse besucht und Bücher gewälzt – und trotzdem ist es überwältigend, wenn ihr euer Kind aus dem Krankenhaus mit nach Hause nimmt.
Tatsächlich ist es nicht die Geburt, die den großen Umbruch markiert. Vielmehr ist es der Moment, an dem ihr mit dem Kind das Krankenhaus verlasst. Dort wurde für euch und das Kind gesorgt. Gut ausgebildete Hebammen standen euch jederzeit mit Rat und Tat zur Seite, und alle Abläufe waren für euch organisiert.
Mit dem Verlassen des Krankenhauses werdet ihr quasi richtige Eltern. Es ist verständlich, wenn sich in dir jetzt ein Gefühlschaos ausbreitet. Einerseits bist du vielleicht total euphorisch und überglücklich, und gleichzeitig läuft vor deinem inneren Auge möglicherweise ein düsterer Film ab. Was könnte alles schiefgehen? Wie sollst du dieser großen Verantwortung nur gerecht werden? Wenn du zum ersten Mal Vater wirst, ist das ein Sprung ins eiskalte Wasser und katapultiert dich zunächst weit aus deiner Komfortzone.
Nimm dir Zeit, dich erst einmal mit der neuen Situation zu arrangieren. Hier kommen ein paar Tipps, was ihr als Paar und du alleine tun könnt, um den Übergang einfacher zu machen.
Gute Vorbereitung
Besprecht im Vorfeld, wie ihr euer Leben als Eltern und die Fürsorge für das Kind organisieren wollt. Sucht Kontakt mit Freunden, die schon Kinder haben, und bringt euch ein bisschen ein, wenn ihr dürft. Malt euch gemeinsam genau aus, wie das Leben als Familie wohl sein wird, aber schaut euch auch die Schattenseiten genau an. So baut ihr keine unrealistischen Luftschlösser und bereitet euch mental darauf vor, dass es kein reines Zuckerschlecken wird.
Aufgaben verteilen
In den ersten Lebensmonaten haben Babys so gut wie keinen Tag-Nacht-Rhythmus. Teilt also ein, wer wann Nachtdienst hat. Regelt außerdem, wer welche Aufgaben übernimmt. Das entlastet euch unterm Strich beide und vermeidet außerdem Streitigkeiten, die ihr gerade wirklich nicht gebrauchen könnt. Im besten Fall schweißt es euch als Paar zusammen, wenn ihr erlebt, wie ihr als Team zusammenspielt und euch auf einander verlassen könnt. Falls nötig, könnt ihr euch Freunde oder Verwandte einspannen. Es steht nirgendwo geschrieben, dass ihr immer alles ganz alleine schaffen müsst.
Macht das Beste aus der Elternzeit
Elternzeit heißt, dass frischgebackene Eltern sich von ihrem Beruf vorübergehend freistellen lassen oder die Stundenzahl reduzieren können. In dieser Zeit werden sie vom Staat teilweise finanziell unterstützt. Während der Anspruch auf Elternzeit bis zum vollendeten dritten Lebensjahrs des Kindes besteht, wird das Elterngeld nur in den ersten 12 beziehungsweise 14 Lebensmonaten des Kindes gezahlt und beträgt 65 bis 67 Prozent vom Nettoeinkommen des Elternteils, der das Elterngeld beantragt. Eine Variante wäre auch das Elterngeld Plus. Dabei arbeitet der beantragende Elternteil in Halbzeit weiter. Die Bezugshöhe wird auf die Hälfte reduziert, aber die Bezugslänge verdoppelt. Die gesetzlichen Regelungen zum Elterngeld bieten viel Flexibilität. Erst kann der eine, dann der andere Partner in Elternzeit gehen, oder beide gehen gleichzeitig und sind in Teilzeit weiterhin berufstätig. Am besten ihr erkundigt euch bei der Elterngeldstelle eures Wohnorts.
Eine Hebamme
Frischgebackene Eltern sind am Anfang im Umgang mit dem neugeborenen Baby häufig noch ungeübt und entsprechend unsicher. Hausbesuche eurer Hebamme können da eine echte Entlastung sein. In den ersten zehn Tagen nach der Geburt übernimmt eure Krankenkasse bis zu zwei Hausbesuche täglich. Danach habt ihr in einem Zeitraum von acht Wochen nach der Geburt Anspruch auf bis zu 16 weitere Termine, die auch telefonisch erfolgen können. Mit der Hebamme könnt ihr Abläufe einüben und alle Fragen klären, die sich im laufenden Alltag ergeben. Außerdem hat sie sicherlich den einen oder anderen wirkungsvollen Handgriff oder Trick auf Lager. Das ist eine unschätzbare Hilfe in der Übergangszeit, von der ihr auf jeden Fall Gebrauch machen solltet.
Eltern und Freunde
Es gibt Zeiten, in denen es besonders wertvoll ist, Freunde und Familie zu haben, und jetzt ist definitiv eine davon. Hier findest du seelischen Rückhalt, um deinen Frust loszuwerden, dich wieder zu erden, aber auch im dir konkret Rat und tatkräftige Unterstützung zu holen. Besonders eure Eltern können eine große Hilfe sein. Sie haben einen reichen Schatz an Erfahrung und besitzen oft auch noch eine ganz andere Sichtweise und Abgeklärtheit. Da könnt ihr euch mit Sicherheit das eine oder andere abschauen.
Einfach machen
Fast alle werdenden Eltern verschlingen unzählige Eltern-Ratgeber, und als Inspiration hat das sicherlich auch seine Berechtigung. Doch möglicherweise ist es oft besser, auf die eigene Intuition zu hören. Ansonsten lauft ihr Gefahr, angesichts all der allgemeinen Anleitungen und Anregungen aus solchen Ratgebern aus den Augen zu verlieren, dass euer Kind ganz einzigartig ist. Vieles muss nicht so funktionieren, wie es im Buch steht.
Neue Dinge sind zuerst immer komisch
Für euch stehen viele erste Male an. Und es kann sich seltsam anfühlen, wenn du euer Baby zum ersten Mal anziehst, wickelst oder badest. Bei solchen Gelegenheiten zittern selbst dem hartgesottensten Kerl die Hände. Wie bei vielen anderen Dingen lautet der Tipp hier schlicht: Lass dich drauf ein. Gib dich der Situation hin. Du hast schon so viele neue Dinge gemeistert, und das hier ist nichts anderes.
Zu klein zum Fußballspielen
Viele Väter wissen gerade in der ersten Zeit nichts mit so einem Baby anzufangen. Es kann noch gar nichts, außer schreien, trinken und in die Windeln machen. Trotzdem musst du nicht warten, bis dein Nachwuchs Fußball spielen kann. Du wirst schnell merken, dass auch ein Papa viel mit dem Säugling anstellen kann. Jetzt ist etwa deine Chance, eine starke Bindung zu deinem Kind zu entwickeln. Körperkontakt wirkt da Wunder und kann erstaunlich viel Spaß machen. Aber auch ansonsten solltest du keine Gelegenheit verpassen, dein Kind von Anfang an aufwachsen zu sehen. Das geht pro Kind nämlich nur genau einmal.
Auch Papas haben den Baby-Blues
Die Geburt ist auch für dich als Papa ein Wahnsinnserlebnis. Sie markiert den Beginn von etwas vollkommen Neuem. Es bricht eine neue Zeit an, in der sich unfassbar viel für dich ändern wird. Bis zur Geburt eures Kindes gab es nur dich und deine Partnerin. Ihr seid bis zu diesem Zeitpunkt füreinander die wichtigsten Menschen gewesen. Dann tritt ein Kind in euer Leben, und alles wird anders. Es gibt durchaus Männer, die mit dieser Veränderung große Probleme haben. Sie fühlen sich oftmals als das fünfte Rad am Wagen, denn alles dreht sich jetzt nur noch um das Kind, und auch euer Sexleben köchelt auf Sparflamme. Viele junge Väter versuchen jetzt, die Sache mit sich selbst auszumachen und an ihr vermeintlich freieres Leben vor der Geburt anzuknüpfen. Sie treffen sich mit Freunden, stürzen sich auf ihr Hobby oder flüchten sich in die Arbeit. Das verursacht zusätzliche Spannungen und endet, wenn die Phase länger andauert, häufig nicht gut für die Beziehung. Stattdessen solltest du dir bewusst machen, dass das Baby auch dein Kind ist und ihr euch die Verantwortung teilt. Anstatt vor der Situation zu fliehen, solltest du dich ihr stellen. Nimm dein Kind an, und stelle eine Bindung zu ihm her. Das ist gar nicht so schwer. Wir hätten da ein paar Anregungen, mit denen auch du deinen Baby-Blues ganz schnell wieder loswirst.
- Gemeinsam Zeit verbringen: In den ersten Lebensmonaten schlafen Säuglinge normalerweise sehr viel. Im Mutterleib hatte das Kind immer eine Geräuschkulisse wie das Rauschen des Blutes, den Herzschlag der Mutter oder externe Geräuschen um sich. Deshalb muss es nicht mucksmäuschenstill sein, damit das Baby schlafen kann. Im Gegenteil: Häufig schläft es bei absoluter Stille längst nicht so gut. Darum kannst du dein Baby auch ruhig mit in dein Arbeitszimmer nehmen und dir von ihm Gesellschaft leisten lassen. Egal, ob Musik läuft, du telefonierst oder am Laptop arbeitest – deinem Kind wird es beim Schlafen eher helfen.
- Gemeinsame Spaziergänge: Egal, ob mit Kinderwagen oder Tragesystem – frische Luft tut nicht nur dem Kind gut. Tipp: Achte auch unterwegs auf die Fütterungsintervalle, damit der Spaziergang nicht in Stress und Hektik ausartet.
- Gemeinsame Hausarbeit: Gerade bei der anfallenden Hausarbeit lässt sich das Baby dank Tragesystem einfach umschnallen, und los geht’s!
- Gemeinsame Nickerchen: Wenn das Kind in der Anfangsphase so viel schläft, ergreife die Chance beim Schopfe und tu es ihm gleich – zumindest mit einem kleinen, gemeinsamen Nickerchen. Schnapp dir dein Baby, und leg es dir auf den Bauch. Platziere dich mit dem Kind in der Mitte des Bettes und ziehe eine dünne Decke über euch – schon kann die kleine Ruhepause beginnen.
- Gemeinsames Baden oder Duschen: Babys lieben Körperkontakt. Deshalb ist es ein gemeinsames Bad mit dem Baby ein unvergleichbar schönes Erlebnis. Aber Vorsicht: Das Wasser darf auf keinen Fall zu heiß sein. Das kannst du mit einem Wasserthermometer sicherstellen.
- Gemeinsames Kuscheln: Weil Babys Hautkontakt so genießen, ist Kuscheln für die Bindung extrem wichtig. Bei der Mutter wird dieser Hautkontakt über das Stillen regelmäßig hergestellt. Aber auch du kannst mit dem Kind schmusen. Sorge dafür, dass das Zimmer gut beheizt ist. Dann ziehe euer Kind bis auf die Windel aus, und lege es dir auf deine nackte Brust.
- Babymassage: Auch eine Babymassage fördert die Bindung. weil dabei das Bindungshormon Oxytocin ausgeschüttet wird.
- Füttern: Nicht jede Frau kann voll stillen, und früher oder später werdet ihr womöglich auf die Flasche umstellen. Dann kannst du auch ein paar der Fütterungszeiten übernehmen.
- Wickeln: Die Königsdisziplin und gleichzeitig auch eine echte Entlastung für die Mama. Und es gibt kaum etwas anderes, das dich so sehr wie ein Papa fühlen lässt.
Der Vaterinstinkt – gibt's das?
Vom Mutterinstinkt hat wohl jeder schon mal gehört. Aber gibt es eigentlich so etwas wie einen Vaterinstinkt? Tatsächlich ist das so, allerdings setzt er andere Schwerpunkte als der Mutterinstinkt. Extrem stark vereinfacht könnte man sagen, dass es beim Mutterinstinkt um das Beschützen und Nähren des Kindes geht und er sich eher nach innen richtet, während es sich beim Vaterinstinkt um das Beschützen und Nähren der ganzen Familie und um die Verteidigung nach außen dreht. Manche Väter berichten, dass dieser Instinkt bei ihnen ein bisschen träger war und etwas Zeit und Bindung brauchte, bis er ansprang. Aber dann hätten sie sich ohne Zögern vor einen Bus geworfen, um ihr Kind zu retten. In jedem Fall wird sich deine Rolle in der Partnerschaft und in der Familie ändern. Das Gefühl der Verantwortung wächst und plötzlich geht die Familie über alles, auch über deine eigenen Interessen. Und genau da sind Mutter- und Vaterinstinkt identisch, wohingegen sie sich in anderer Hinsicht ergänzen. Mutter Natur hat uns absichtlich unterschiedliche Sichtweisen und Aufgaben gegeben. Vertraue also ruhig auf dienen Vaterinstinkt und lasse dich von ihm leiten. Dabei müsst ihr beide – deine Partnerin und du – akzeptieren, dass eure Verhaltens- und Denkweisen teilweise ganz unterschiedlich sind.
Versuche nicht, ein schlechtes Mutterimitat zu werden, sondern sei einfach ein gutes Vateroriginal!
Sei authentisch und du selbst. Du bist du. Und dein Kind braucht euch beide. Im Idealfall bist du komplett anders als deine Partnerin. Du tobst wilder mit eurem Nachwuchs, bist einfach körperlicher, machst mehr Unsinn und traust eurem Kind mehr zu als seine Mutter. Und das ist auch gut so. Kinder lieben diese Gegensätze und brauchen sie für ihre Entwicklung.
Versuche auf gar keinen Fall eine männliche Mutter zu sein, sondern sei für deine Kinder genau der waschechte Vater, der du sein möchtest – mit deinem ganz eigenen Stil.