KiSS-Syndrom beim Baby
Gerade im Zusammenhang mit Schreibabys liest und hört man immer wieder einen Begriff: das KiSS-Syndrom. Doch die Existenz dieser Störung und die entsprechende Therapie sind nicht unumstritten. Während erleichterte Eltern im Internet begeistert davon berichten, wie diese Diagnose der Schlüssel dafür war, dass es ihrem Baby wieder gutging, gilt es außerhalb der Alternativmedizin vielen als gefährlicher Unsinn. Das stellt Eltern vor ein Dilemma.
Hat mein Baby vielleicht das KiSS-Syndrom?
KiSS steht für „ Kopfgelenk-induzierte Symmetrie-Störung“. Dabei handelt es sich laut Vertretern der Alternativmedizin um eine Bewegungsstörung der oberen Halswirbelsäule. Sie nimmt ihren Ausgang im Übergangsbereich zwischen der Schädelbasis und dem ersten Halswirbel. Fehlstellungen hier können unter anderem zu schmerzhaften Verspannungen der Nackenmuskulatur führen und der Grund für spätere Entwicklungsstörungen sein.
In diesem Video findest du noch weitere interessante Informationen zum Thema.
Das KiSS-Syndrom fusst auf einer Theorie des Arztes Heiner Biedermann. Er machte Wirbelgelenkverschiebungen, die vor oder während der Geburt entstehen, für verschiedene Symptome verantwortlich, darunter:
- Schiefhaltung des Kopfes; meist wird dadurch eine Seite beim Schlafen bevorzugt
- Schlafhaltung (wie ein nach hinten durchgebogenes „C“)
- Kopfhalteschwäche
- immer gleiche Kopfbewegungen vor dem Einschlafen
- Asymmetrie der Bewegungen von Armen und Beinen
- einseitige Haltung des Rumpfes
- Bewegungen nur über eine Seite (z. B. Drehen)
- Reifungsprobleme der Hüftgelenke
- Fehlstellung der Füße
- abgeflachter Kopf, einseitig oder mittig
- haarlose Stelle am Hinterkopf (symmetrisch oder asymmetrisch)
- Gesäßfaltenasymmetrie
- Schädelasymmetrie am Hinterkopf oder im Gesicht
- vermehrtes Sabbern, Probleme beim Schlucken, häufiges Erbrechen
- vermehrtes Schreien im Kinderwagen oder MaxiCosi
Betroffene Kinder zeigen eine prägnante Asymmetrie in der Körperhaltung. Manchmal wird dabei nur der Kopf auffallend zu einer Seite geneigt, in anderen Fällen erscheint der ganze Körper asymmetrisch, was sich besonders in Rückenlage zeigt. In einigen Fällen ist sogar das Gesicht von der Asymmetrie betroffen. Dann kann unter Umständen ein Auge oder eine ganze Gesichtshälfte deutlich kleiner erscheinen. Kinder, die unter dem KiSS-Syndrom leiden, neigen den Kopf weit nach oben und überstrecken sich dadurch oft. Vielen betroffenen Kindern ist es unangenehm, wenn sie angehoben oder umgezogen werden, sie fühlen sich im Kinderwagen oder Autositz sichtlich unwohl und bevorzugen beim Stillen häufig eine Seite. Dieses Unwohlsein bekunden die Babys mit Weinen oder Schreien.
Allerdings ist der Nachweis des KiSS Syndroms schwierig. Die Diagnose erfolgt zwar durch Abtasten der Kopfgelenke und der Halswirbelsäule, doch häufig sind auch Röntgenaufnahmen erforderlich. Deswegen und weil wissenschaftliche Studien fehlen, wird diese Haltungsstörung bis heute von vielen Schulmedizinern bestritten.
Osteopathie für Babys
Bei Blockaden, Fehlstellungen und Verspannungen hilft möglicherweise auch schon bei Babys ein Termin beim Osteopathen. Bei der Osteopathie werden solche Störungen vorsichtig mit den Händen ertastet und sanft aufgelöst, weswegen diese Methode gerade für Kinder so gut geeignet ist.
Wie genau das funktioniert erklärt der Osteopath Ralf Freitag aus Hamburg im folgenden Video.
Ursachen von KiSS
Für das KiSS-Syndrom werden verschiedene Faktoren vor und während der Geburt verantwortlich gemacht, zum Beispiel vorzeitige oder lang andauernde Wehen, Geburt in Steiß- oder Beckenlage, zu wenig Platz im Mutterleib, Mehrlingsschwangerschaften, Saugglocken- oder Zangengeburt, ein Not-Kaiserschnitt oder ein Geburtsgewicht von mehr als 4 kg.
Vorbeugen lässt sich da kaum – die Faktoren, die die Entstehung begünstigen, können von den Eltern nicht beeinflusst werden.
Kritiker wenden allerdings ein, dass Wirbelfehlstellungen nach der Geburt nichts Ungewöhnliches seien und sich im Laufe der Zeit von alleine geben würden.
Dagegen glauben Befürworter, dass dies kaum ein Argument sein kann, dem Kind potenzielle Folgeschäden nicht proaktiv und sanft zu ersparen. Zudem ist das KiSS-Syndrom potenziell akut schmerzhaft, was ebenfalls eine frühzeitige Intervention rechtfertigt.
Welche Folgen drohen bei einem unbehandelten KiSS-Syndrom?
Ein nicht erkanntes und unbehandeltes KiSS-Syndrom kann Funktionsstörungen in der Wirbelsäule nach sich ziehen, und das Kind entwickelt sich oftmals nur verzögert. Später kommen möglicherweise Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten hinzu. Viele Kinder zeigen zudem motorische Defizite und die Asymmetrie im Gesicht und am Körper kann sich mit zunehmendem Alter verschlimmern, weil sie sich in vielen Fällen eben doch nicht von alleine „zurechtgewachsen“ hat.
Weitere mögliche Spätfolgen eines unbehandelten KiSS-Syndroms sind Aggressivität, Hyperaktivität und Kopfschmerzen. Gerade bei Jugendlichen, die häufig unter Kopfschmerzen leiden, könnte ein unerkanntes KiSS-Syndrom dahinterstecken.
Darum sind hier Früherkennung und rechtzeitige Behandlung so wichtig.
Sind Schreibabys vielleicht in Wahrheit KiSS-Kinder?
Die konkreten Ursachen dafür, dass ein Kind zum Schreibaby wird, sind immer noch nicht genau geklärt und können mannigfaltig sein. Ein möglicher Grund kann das KiSS-Syndrom durchaus sein, denn schmerzhafte Fehlstellungen, Verspannungen und frustrierende Bewegungseinschränkungen sind ein absolut plausibler Anlass für lautstarken und andauernden Protest. Es empfehlt sich grundsätzlich immer, mögliche Ursachen für das Schreien des Babys kinderärztlich abklären zu lassen.
KiSS-Syndrom Typ 1 oder 2?
Beim KiSS-Syndrom wird zwischen zwei Kategorien unterschieden: Typ 1 und Typ 2.
Typ 1 zeichnet sich dadurch aus, dass das Baby eine sogenannte „Bananenhaltung“ einnimmt: Es liegt nicht gerade, sondern immer leicht gekrümmt da. Das wiederum führt zu einer asymmetrischen Kopfform, zu Stillproblemen, zu Schlafproblemen und zu ausdauerndem Geschrei. Auffallend ist dabei die einseitige Entwicklungsverzögerung.
Beim Typ 2 hingegen überstreckt sich das Kind nach hinten. Außerdem ist der Hinterkopf leicht abgeflacht. Diese Babys mögen es gar nicht, auf dem Bauch zu liegen.
In beiden Fällen ist die Kopfhaltemuskulatur zu schwach ausgeprägt. Die Folge sind schmerzhafte Bewegungseinschränkungen in verschiedene Richtungen. Es gibt auch Kinder, die unter beiden KiSS-Formen leiden.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Nach der Diagnose gibt es mehrere Behandlungsmöglichkeiten. Zielführend könnte beispielsweise die Atlastherapie sein, die nur von Ärzten angewendet werden darf. Bei ihr werden mit der Kuppe des Mittelfingers kurze Impulse auf die Muskeln und Bänder am Übergang vom Kopf zum Hals ausgeübt. Dabei wird nicht die eigentliche Fehlstellung behandelt, sondern positiv auf die Körper- und Schmerzwahrnehmung eingewirkt. Deswegen gilt sie als besonders sanft und ist perfekt für Babys geeignet. Auch durch osteopathische und chiropraktische Angebote lassen sich vorhandene Blockaden in den Gelenken der Halswirbel lösen. Daraufhin kann sogar die Symmetrie nach und nach wiederhergestellt werden.
Auch eine spezielle Krankengymnastik, manuelle Therapie oder eine Craniosacral-Therapie kommen für eine erfolgreiche Behandlung infrage.
Fachkundige Anwender können kann dem Baby oftmals schon mit wenigen Handgriffen Erleichterung verschaffen. Bereits nach kurzer Behandlungsdauer werden die Schreiphasen kürzer und die Schlafphasen länger. Die Therapie dauert normalerweise nur wenige Wochen. Je früher betroffene Eltern mit ihrem Baby zu einem Spezialisten gehen, desto besser.
Kritik
Viele ausschließlich schulmedizinisch geprägte Ärzte halten das KiSS-Syndrom für eine überflüssige Erfindung, mit der sich viel Geld verdienen lässt. Zwar wird die Problematik, dass aufgrund der starken physischen Belastungen vor und während der Geburt Verformungen und Verschiebungen entstehen können, durchaus gesehen, allerdings wird davon ausgegangen, dass sich diese im Laufe der Zeit von alleine erledige. Zudem führen sie nicht ganz zu Unrecht ins Feld, dass die Strahlenbelastung durch das Röntgen dem Kind nicht zuzumuten sei und manuelle Behandlungen der Halswirbel mit erheblichen Risiken einhergingen. Vor allem stützen sie sich auf das Argument, dass es an belastbaren wissenschaftlichen Studien fehle. Aus diesem Grund kann es auch sein, dass die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt.
Fazit
Gerade wenn es um die Gesundheit eurer Kinder geht seid ihr als Eltern nicht zu beneiden. Ihr steht in der Verantwortung und versucht stets, die beste Entscheidung für euer Kind zu treffen. Dies kann euch niemand abnehmen.
Wenn euer Kind leidet, seid ihr als Eltern aufgerufen, Abhilfe zu schaffen. Es ist verständlich, wenn ihr da nichts unversucht lasst, und der gut gemeinte Hinweis, dass sich alles schon mit der Zeit zurechtwächst, ist nicht befriedigend, wenn das Kind akut Schmerzen hat. Behaltet die Kritikpunkte im Hinterkopf, wenn ihr zum Osteopathen oder Chiropraktiker geht, und besprecht eure Sorgen und Bedenken mit ihm. Bei Anwendung der schonendsten Therapie von erfahrenen Therapeuten haltet ihr das Risiko so gering wie möglich. Wenn sich herausstellt, dass die Skeptiker Recht behalten, habt ihr möglicherweise ein paar Euro in den Sand gesetzt. Doch wenn die Therapie funktioniert, habt ihr eurem Kind viel Leid und euch viel Stress erspart. Es ist eine Abwägung. Wie immer seid ihr am besten damit beraten, eurem Herzen – eurer elterlichen Intuition – zu folgen.
Wofür auch immer ihr euch entscheidet, das ganze Team von swing2sleep wünscht euch und eurem Baby gute Besserung und eine schnelle Linderung aller Beschwerden.
Übrigens
In der Federwiege von swing2sleep nimmt eure Baby automatisch eine optimale Liegeposition ein, welche die natürliche Form der Wirbelsäule nach der Geburt unterstützt. Wie in Mamas Bauch ist der Rücken in der swing2sleep rund. Gerade in den ersten Wochen und Monaten ist das die ideale Schlafhaltung für das Baby und fördert einen entspannten und erholsamen Schlaf.