Fehlende Mutterliebe: Spätfolgen und Auswirkungen

Die Mutterliebe gilt in unserer Gesellschaft als die stärkste und reinste Liebe überhaupt. Bleibt sie jedoch aus und Kinder erleben von Geburt an keine oder wenig elterliche Zuneigung und Wärme, hat das weitreichende Konsequenzen für Betroffene, die bis ins hohe Erwachsenenalter belasten können. Ohne die bedingungslose Liebe des Elternhauses kann das menschliche Urvertrauen tief gestört werden. Als Folge kann es zu fehlendem Selbstbewusstsein, Angststörungen und mangelnder emotionaler Kontrolle kommen. Das Tabuthema regretting motherhood hat in den sozialen Medien einen Aufschwung erleben dürfen und mehr und mehr Mütter trauen sich, über ihre negativen Gefühle zu sprechen. Doch ist die Bewegung der bereuenden Mütter gleichzusetzen mit fehlender Mutterliebe? Wir haben das Thema genauer betrachtet und in diesem Artikel für dich zusammengefasst. 

fehlende Mutterliebe  Spätfolgen

Fehlende Mutterliebe: Woher kommt das? 

Mütter, die ihre Kinder nicht lieben. Das klingt falsch und grausam. Unmittelbar kreieren wir vor unseren Augen Bilder von Frauen, die ihren Nachwuchs misshandeln – körperlich oder emotional. Doch Expert:innen warnen vor solchen Assoziationen. Das sind meist furchtbare Extrembeispiele, die allerdings eher die Ausnahme bleiben. Tatsächlich ist das Phänomen der fehlenden Mutterliebe weiter verbreitet, als man vielleicht annehmen mag. Meist haben Frauen, die, nachdem sie ein Kind auf die Welt gebracht haben, keine Mutterliebe entwickeln können, ein ernsthaftes psychisches Leiden oder gar eine Persönlichkeitsstörung. Sie sind durchaus zu Liebe fähig, aber auch verletzlich und regelrecht überfordert mit der Verantwortung für ihr Kind. Daher kommen sie an ihre psychischen und physischen Grenzen – und schalten in den emotionalen Überlebensmodus.


Die Gründe für fehlende Mutterliebe sind vielfältig


Die Gründe für fehlende Mutterliebe können vielfältig sein und müssen individuell erforscht werden. Hat die Mutter beispielsweise in ihrer eigenen Kindheit keine Liebe und Zuneigung erfahren, kann es dazu kommen, dass sie das Erlebte an ihr Kind weiterbringt. Das passiert meist unbewusst und in der Regel dann, wenn das eigene Kindheitstrauma nicht psychologisch behandelt wurde. 


Erleben Frauen wiederum die Geburt als traumatisch oder nicht selbstbestimmt, kann es passieren, dass sie sich während und nach der Entbindung emotional versuchen zu distanzieren. Auch bei manchen Müttern, die beispielsweise ein Kind auf die Welt bringen, das direkt nach der Entbindung um sein Überleben kämpfen muss, kann es zu einer Abkehr der Gefühle kommen, um sich selbst zu schützen. 


Ein weit verbreitetes Phänomen: Die Wochenbettdepression


Andere Frauen ringen wiederum mit einer schweren Wochenbettdepression. Sie können oft nicht einfühlsam auf ihr Kind reagieren, leiden unter tiefer Traurigkeit, Ängstlichkeit und Gleichgültigkeit. Sie fühlen sich schuldig, weil es ihnen schwerfällt, sich um ihr Kind zu kümmern, kämpfen mit ihren eigenen Erwartungen, eine perfekte Mutter zu sein und zerbrechen an ihrem vermeintlichen Versagen. Die Mutterschaft bringt sie an den Rand der geistigen und körperlichen Erschöpfung. Ein schreiendes, kleines Kind wird dann zu einem extremen Stressfaktor, von dem sie sich fernhalten wollen. Eine Strategie ist es, dem Kind mit Gefühlskälte zu begegnen, um so keine Bindung als Bezugsperson aufbauen zu müssen. 


Die Auswirkungen und Spätfolgen bei fehlender Mutterliebe

Elternliebe, Zärtlichkeit, das Gefühl von Wärme und Fürsorge – diese Bedürfnisse zählen zu den sogenannten Ur-Bedürfnissen von Kindern und sind auch weitestgehend im späteren Leben ein Grundbedürfnis. Kommt es zu fehlender Mütterlichkeit, kollidiert das mit dem Bedürfnis nach Mutterliebe und kann die Grundlage eines Traumas bilden. Wir Menschen brauchen vom ersten Atemzug an Kontakt und Zuneigung, insbesondere von den Eltern, um zu selbstbewussten Persönlichkeiten heranzuwachsen und später unserem Umfeld Vertrauen entgegenbringen zu können. Nachfolgend haben wir die häufigsten Anzeichen und Folgen von fehlender Mutterliebe zusammengefasst: 



#1: Mangelndes Selbstbewusstsein und tiefe Unsicherheit

“Ich bin nicht gut genug” – dieses Gefühl tritt häufig bei Kindern auf, die in ihrem Elternhaus wenig Zuneigung und Liebe erfahren haben. Liebesentzug und der fehlende körperliche Kontakt erscheinen dem Kind als mutmasslich gerechte Strafe; da sie nicht perfekt oder vollkommen sind – so das Gedankenkonstrukt. Das fehlende Selbstwertgefühl und -bewusstsein kann auch dazu führen, dass das Kind oft nicht “nein” sagt oder sich selbst keine Grenzen setzen kann, weil es eine tiefe Angst vor Zurückweisung hat. Damit einher geht ein starkes Gefühl der Unsicherheit. Verhaltensweisen, zu denen solche Kinder neigen, sind beispielsweise der Hang zu vorschneller Selbstverteidigung oder der rasche Rückzug aus Konfliktsituationen. Die Kinder isolieren sich oft schnell im Alltag und finden nur schwer Zugang. 


#2: Einsamkeit 


Stichwort: Isolation. Auch das ist eine weite und nicht zu unterschätzende Folge bei fehlender Mutterliebe und elterlicher Zuneigung in der Kindheit. Soziale Fähigkeiten sind bei den betroffenen Kindern meist weniger ausgeprägt und so lassen sie kaum jemanden an sich heran. Das selbst erbaute emotionale Schneckenhaus dient als sicherer Rückzugsort, da die Kinder das Gefühl haben, ohnehin nicht geliebt zu werden. Gleichzeitig zeigen vernachlässigte Kinder oft nur wenig Verständnis für die Gefühle anderer Menschen. Das kann ebenfalls zu Problemen und Konflikten im sozialen Umfeld führen. 


#3: Kein Vertrauen und Verschlossenheit


Wenn das Urvertrauen des Kindes durch fehlende Mutterliebe gestört ist, fällt es später oftmals schwer, Vertrauen zu anderen Menschen aufzubauen. Betroffene Kinder lernen nicht, dass man ihnen etwas Gutes tun möchte. Sie sind oftmals verschlossen, lassen andere nicht an sich heran und haben ein ausgeprägtes Missvertrauen. Probleme werden meist mit sich selbst ausgemacht und bleiben für außenstehende Personen im Verborgenen. Dadurch kann es zu Beziehungsproblemen mit Mitmenschen kommen, spätestens im Jugend- und Erwachsenenalter. So fällt es Betroffenen schwer, enge Freundschaften zu schließen oder intime Bindungen aufzubauen. 



#4: Angststörungen


Liebe und Fürsorge stärken das Selbstbewusstsein. Fehlt diese lebenswichtige Erfahrung, kann das bereits im Kindesalter zu übertriebener Ängstlichkeit, Angststörungen und Panikattacken führen. Dieses Muster zieht sich dann meist bis in das Erwachsenenalter. Selbst einfache und scheinbar banale Entscheidungen und Alltagssituationen können dann von betroffenen Personen nicht gelöst werden. Diese unverhältnismäßig große Angst kann sich im Laufe der Zeit mit wachsenden alltäglichen Herausforderungen sogar verstärken.


#5: Mangelnde emotionale Kontrolle


Wenn Kinder in einem stabilen Umfeld aufwachsen, wird ihnen meist mit der Erziehung mitgegeben, wie sie mit den eigenen Gefühlen, aber auch den Gefühlen anderer Menschen umgehen können. Fehlt es wiederum an dieser Stabilität, fällt es vielen betroffenen Kindern im weiteren Leben schwer, ihre eigenen Emotionen zu erkennen oder sich nach sozialen Normen zu richten. Es resultiert ein Mangel an Empathie. Gleichermaßen kann es zu impulsiven Ausbrüchen und Konfrontationen mit dem sozialen Umfeld kommen, ohne dass ein wirklicher Grund vorliegt. Oftmals entstehen daraus Probleme in der Schule oder im späteren Berufs- und Privatleben. 

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#6: Ein Hang zu toxischen Beziehungen


Fehlende Mutterliebe hat einen enormen Einfluss auf das weitere Leben und darauf, wie Beziehungen eingegangen werden. So besteht bei betroffenen Menschen, die diese negativen Erfahrungen in der Kindheit gemacht habt, das Risiko, erlernte Muster später zu wiederholen und beispielsweise ungesunde Beziehungen einzugehen. Schlimmstenfalls lassen sie sich von dem Partner oder der Partnerin schlecht behandeln oder gar psychisch und/oder physisch misshandeln. Einerseits, weil sie es aus ihrer Kindheit nicht anders kennen. Andererseits, weil das mangelnde Selbstbewusstsein dafür sorgt, dass sie glauben, sie hätten diese schlechte Behandlung verdient.



Eine Belastung für Mutter und Kind


Es kann viele Gründe für fehlende Mutterliebe geben. Die Folgen und Auswirkungen auf das Kind, auch im späteren Erwachsenenalter, sind weitreichend. Umso wichtiger ist es, dass Betroffene Hilfe bekommen. Denn die gute Nachricht für Familien ist: Gerade ein Geburtstrauma oder eine Wochenbettdepression kann mit der richtigen psychologischen Unterstützung behandelt werden. Man muss meistens nur den Schritt wagen, sich Hilfe zu holen. 


Hier gibt es Hilfe: 

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